HOAI-Änderungsverordnung
Vorabentscheidungsersuchen des BGH an den EuGH


EUGH
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In seinem Urteil vom 4. Juli 2019 (Az.: C-377/17) hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die verbindlichen Mindest- und Höchsthonorarsätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) nicht mit der EU-Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG) vereinbar und somit rechtswidrig sind.

Mit Verkündung des Urteils besteht für die Bundesrepublik Deutschland die Pflicht, der Entscheidung nachzukommen und die nationale Rechtsordnung an die Vorgaben des Urteils anzupassen.

HOAI-Änderungsverordnung

Das Bundeskabinett hat am 16. September 2020 den vom zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie vorgelegten Entwurf einer Verordnung zur Änderung der HOAI beschlossen. Nach dem Beschluss des Bundeskabinetts muss jetzt noch der Bundesrat der Verordnung zustimmen. Der Entwurf enthält folgende Änderungen:

Die Honorare für die von der HOAI erfassten Architekten- und Ingenieurleistungen sind künftig immer frei vereinbar und richten sich nach der Honorarvereinbarung der Vertragsparteien. Um den Abschluss wirksamer Honorarvereinbarungen zu vereinfachen, werden die diesbezüglichen Formanforderungen der HOAI reduziert. Für eine wirksame Honorarvereinbarung reicht künftig Textform aus. Die Vereinbarung muss auch nicht mehr bei Auftragserteilung geschlossen werden. Auf die Vorgabe eines bestimmten Zeitpunkts für den Abschluss einer Honorarvereinbarung wird künftig verzichtet.

Die Grundlagen und Maßstäbe zur Honorarermittlung der HOAI bleiben aber erhalten. Sie können insbesondere durch entsprechende Parteivereinbarung auch künftig zur Honorarermittlung herangezogen werden. Die Parteien können aber auch andere Methoden vereinbaren, nach denen das Honorar im Einzelfall ermittelt wird.

Der Anwendungsbereich der HOAI wird nur insofern geändert, als die bisherige Beschränkung auf Inländer entfällt. Diese Einschränkung erscheint vor dem Hintergrund, dass die HOAI künftig kein verbindliches Preisrecht mehr enthält, nicht mehr erforderlich. Die verbindlichen Honorarsätze der HOAI waren nach der bisherigen Rechtslage in Honorartafeln aufgeführt. Diese Honorartafeln werden zwar beibehalten, die in ihnen enthaltenen Werte sind aber künftig unverbindlich und dienen den Vertragsparteien zur Honorarorientierung.

Für den Fall, dass die Parteien eines Vertrags über Architekten- oder Ingenieurleistungen keine wirksame Honorarvereinbarung schließen, enthält die HOAI künftig eine Vermutungsregel. Danach gilt in diesen Fällen der Basishonorarsatz als vereinbart, der sich bei Anwendung der Honorarermittlungsregelungen der HOAI im Einzelfall ergibt und der Höhe nach dem bisherigen Mindestsatz entspricht.

Stellungnahme des GdW zum Verordnungsentwurf

Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen hat im Rahmen der Verbändeanhörung zu dem Entwurf der Verordnung Stellung genommen und insbesondere den Abbau der formalen Anforderungen begrüßt. Neben der Umsetzung des EuGH-Urteils regt der GdW aber auch an, eine Bemessungsgrundlage zu entwickeln, die berücksichtigt, dass am Ende der Preiskette die Miete steht. Außerdem soll neben der Möglichkeit eines Erfolgshonorars auch eine entsprechende Malus-Regelung formuliert werden.

Aktuelle Rechtsprechung zu Bestandsverträgen

Seit der EuGH-Entscheidung und bis zum Inkrafttreten der neuen HOAI-Verordnung ist eine rechtliche Vakanz eingetreten. Für die Vergangenheit haben deutsche Gerichte die Frage zu klären, ob die bisherige HOAI bis zur neuen Verordnung weiter anzuwenden ist oder nicht. Der Bundesgerichtshof (BGH) sollte anhand von zwei Verfahren prüfen, welche Auswirkungen das EuGH-Urteil auf bestehende Planungsverträge hat, in denen zunächst ein Honorar unterhalb des Mindestsatzes vereinbart wurde, der Planer aber dann nachträglich den Mindestsatz der HOAI verlangt hat.

Im ersten Verfahren befürwortet das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (Az.: VII ZR 174/19) die Anwendbarkeit der Mindestsätze der HOAI und spricht dem Planer die Nachforderung zu. Die Bestimmungen der HOAI seien anwendbar. Das EuGH-Urteil binde nur den Mitgliedstaat, der nach eigenem Ermessen die geeigneten Maßnahmen ergreifen müsse, um den europarechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Für den einzelnen Bürger entfalte das Urteil keine Rechtswirkung. Der Auftraggeber ist dagegen vor dem BGH in Revision gegangen.

Im anderen Verfahren sieht das OLG Celle (VII ZR 205/19) dies anders. Eine Nachforderung sei treuwidrig gemäß § 242 BGB, gerade weil der EuGH die Anwendbarkeit der Mindestsätze der HOAI als unwirksam bewertet habe. Die Gerichte seien auch in laufenden Verfahren verpflichtet, ab sofort die für europarechtswidrig erklärten Regelungen nicht mehr anzuwenden. Der Planer verfolgt seinen Zahlungsantrag mit einer Revision weiter. Der BGH bestätigte die Vorinstanz. Es kam hier auf die Rechtsfragen zu den Folgen des EuGH-Urteils nicht entscheidungserheblich an. Das Berufungsurteil des OLG Celle war aufgrund der Erwägung, dass eine Unwirksamkeit der Pauschalhonorarvereinbarung wegen Mindestsatzunterschreitung nicht schlüssig vorgetragen war, im Ergebnis zutreffend.

In dem Fall vor dem OLG Hamm sollte der BGH als Revisionsinstanz für Klarheit sorgen. Statt einer Entscheidung hat der VII. Zivilsenat sein Verfahren jedoch ausgesetzt (Beschluss vom 14. Mai 2020; Az.: VII ZR 174/19) und dem EuGH mehrere Fragen zu den Folgen seines Urteils für laufende Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen in einem sogenannten Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt. Dem EuGH wurde unter anderem die alles entscheidende Frage vorgelegt, ob im Rahmen eines laufenden Gerichtsverfahrens zwischen Privatpersonen die sich aus der HOAI ergebenden Mindestsätze verbindlich sind und eine die Mindestsätze unterschreitende Honorarvereinbarung unwirksam ist oder diese Regelungen nicht mehr anzuwenden sind.

Kaup, HelenaIhre Ansprechpartnerin
RAin Helena Kaup


Referentin für Recht, Syndikusrechtsanwältin
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