Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Versäumnisurteil vom 17. Juni 2020 zu zwei unterschiedlichen Problemkonstellationen Stellung genommen, die im Rahmen einer Mieterhöhung nach durchgeführter Modernisierung von Bedeutung sind:
Zum Abzug fiktiver Instandhaltungskosten bei Modernisierung und
Zu den Folgen der Mieterhöhungserklärung bei teilweiser Unwirksamkeit.
BGH, Urteil vom 17. Juni 2020, Az.: VIII ZR 81/19
1. Abzug fiktiver Instandsetzungskosten bei Modernisierung
In dem vom BGH zu entscheidendem Fall ging es um ein Mieterhöhungsverlangen des Vermieters nach § 559 BGB (Mieterhöhung nach Modernisierung). Als Modernisierungskosten wurden Aufwendungen für den Austausch von funktionsfähigen und mangelfreien, jedoch etwa 60 Jahre alten Türen und Fenstern, sowie einer ebenso alten Briefkastenanlage geltend gemacht. Trotz der langen Nutzungsdauer der Gegenstände waren Instandhaltungsmaßen noch nicht erforderlich. Ein Abzug für Kosten der Instandhaltung erfolgte nicht.
Entscheidung
Nach Ansicht des BGH hätte ein Abzug für die Instandhaltungskosten gem. § 559 Abs. 2 BGB für die alten Türen, Fenster und Briefkästen aber vorgenommen werden müssen.
§ 559 Abs. 2 BGB bestimmt, dass Kosten, die für Erhaltungsmaßnahmen (Instandhaltung und Instandsetzung gem. § 555a BGB) erforderlich gewesen wären, nicht zu den aufgewendeten Kosten nach § 559 Abs. 1 BGB gehören; sie sind, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln. Entsprechend wären die so ermittelten Kosten von den „Modernisierungskosten“ abzuziehen.
Nach einer in Rechtsprechung und Literatur verbreiteten Ansicht ist ein Kostenabzug für Erhaltungsmaßnahmen aber nur dann vorzunehmen, wenn diese „fällig“ sind. Dies war in dem vor dem BGH verhandelten Sachverhalt – trotz der langen Nutzungsdauer der Gegenstände – nicht der Fall. Türe, Fenster oder der Briefkasten hätten also gar nicht instandgesetzt werden müssen.
Der BGH hat nunmehr aber klargestellt, dass ein Kostenabzug nicht erst bei Fälligkeit von Erhaltungsmaßnahmen vorzunehmen ist, sondern bereits dann, wenn Bauteile und Einrichtungen modernisiert werden, die zwar noch ausreichend funktionsfähig sind und einen zu beseitigenden Mangel nicht aufweisen, aber bereits über einen nicht unerheblichen Zeitraum ihrer zu erwartenden Gesamtlebensdauer (ab)genutzt worden sind.
Warum der BGH nicht auf die Fälligkeit der Instandsetzungsmaßnahme abstellt, erklärt er damit, dass dies in zahlreichen Fällen zu zufälligen Ergebnissen führen würde. Nach dem BGH sei dies dann besonders augenfällig, wenn Modernisierungsmaßnahmen zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem die Lebensdauer der ersetzten Bauteile oder Einrichtungen bereits zu einem sehr großen Teil abgelaufen sei. Für die Annahme, dass die Fälligkeit Voraussetzung für einen Abzug sei, hat der BGH sowohl im Wortlaut des Gesetzes als auch in der Gesetzesbegründung selber keine Anhaltspunkte gesehen.
Zur Höhe des Abzugs hat sich der BGH wie folgt geäußert:
„Die Umlagefähigkeit der (reinen) Modernisierungskosten wird durch den Abzug (fiktiv) ersparter Instandhaltungskosten in derartigen Fallgestaltungen nicht infrage gestellt. Auch wird die Ermittlung der umlagefähigen Modernisierungskosten dadurch nicht nennenswert erschwert, denn regelmäßig wird eine Schätzung genügen (§ 559 Abs. 2 Halbs. 2 BGB), die sich an der üblichen Lebensdauer der erneuerten Einrichtung und dem bereits eingetretenen Abnutzungsgrad orientiert…“
Anmerkung
Erfüllt eine bauliche Veränderung Kriterien sowohl einer Modernisierungsmaßnahme als auch einer Erhaltungsmaßnahme (sogenannte modernisierende Instandsetzung), dann hat der Vermieter dem Grunde nach einen Anspruch auf eine Mieterhöhung nach Modernisierung (§ 559 Abs. 1 BGB). Bei der Ermittlung der Höhe der umlagefähigen Kosten muss er aber nach Maßgabe des § 559 Abs. 2 BGB eine entsprechende Kürzung für erforderliche Erhaltungsmaßnahmen vornehmen.
Auf die Fälligkeit dieser Maßnahmen kommt es nach dieser Entscheidung des BGH nicht an. Maßgeblich ist, ob die betroffenen Bauteile bereits über einen nicht unerheblichen Zeitraum ihrer zu erwartenden Gesamtlebensdauer (ab)genutzt worden sind.
Leider hat sich der BGH nur recht allgemein zu der Frage geäußert, wann und in welcher Höhe ein entsprechender Abzug für noch nicht fällige Instandsetzungskosten vorzunehmen ist. Empfohlen wird daher folgendes Vorgehen:
Vornahme einer fiktiven Betrachtung zum Zeitpunkt der Durchführung der baulichen Veränderung. Der bereits verstrichene Anteil der durchschnittlich zu erwartenden Gesamtlebensdauer des betreffenden Bauteils muss ins Verhältnis gesetzt werden zur Gesamtlebensdauer des Bauteils. Der Abzug für diese fiktiven Instandhaltungskosten ist dann von den für die Modernisierung aufgewandten Kosten vorzunehmen.
2. Mieterhöhungserklärung bei teilweiser Unwirksamkeit
Der Sachverhalt betraf hier die Mietererhöhungserklärung gemäß § 559b Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB nach Durchführung mehrerer modernisierender Baumaßnahmen. Der BGH hat sich dabei mit der Frage befasst, ob bei Durchführung mehrerer zusammenhängender Modernisierungsmaßnahmen und anschließender Erklärung der Mieterhöhung die unzureichende und damit unwirksame Begründung für einen Teil der Modernisierungsmaßnahmen zur Nichtigkeit der Mieterhöhungserklärung beziehungsweise Mieterhöhungserklärungen insgesamt für die Baumaßnahmen führt.
§ 559b Abs. 1 Satz 2 BGB sieht vor, dass eine Mieterhöhungserklärung nach durchgeführter Modernisierung nur wirksam ist, wenn in der Mieterhöhungserklärung die Erhöhung der Miete aufgrund der entstandenen Kosten berechnet und erläutert wird. Es hat sich im Fall des BGH die Frage gestellt, welche Auswirkungen die unzureichende und damit unwirksame Erläuterung einzelner Baumaßnahmen auf die Mieterhöhungserklärung betreffend andere Maßnahmen hat.
Entscheidung
Der BGH bezieht die Unwirksamkeit der Mieterhöhungserklärung nur auf die entsprechende
Modernisierungsmaßnahme (hier: Heizungsumstellung). Die Unwirksamkeit der Mieterhöhungserklärung betreffend die Heizungsumstellung hat nach Auffassung des BGH jedoch keine Auswirkungen auf die weitere Mieterhöhungserklärung mit Blick auf andere bauliche Maßnahmen des Vermieters.
Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft (wie vorliegend der Erklärung einer Mieterhöhung) genüge die Annahme, dass der Erklärende bei Kenntnis des unwirksamen Teils den verbleibenden Teil vorgenommen hätte. Hier könne die Erhöhungserklärung in mehrere selbstständige Rechtsgeschäfte hinsichtlich jeder Modernisierung aufgeteilt werden. Die Gesamtmodernisierung hätte auch in getrennten Mieterhöhungserklärungen geltend gemacht werden können. Zudem weise die Erhöhungserklärung die Kosten für die einzelnen Baumaßnahmen separat aus, so dass rechnerisch nachvollzogen werden könne, in welcher anteiligen Höhe sie jeweils in den Gesamtbetrag der Mieterhöhung eingeflossen seien. Es widerspreche nicht der gesetzlichen Wertung des § 559b Abs. 1 Satz 2 BGB, dem Mieter im Falle einer teilweise aus formellen Gründen unwirksamen Mieterhöhungserklärung die Ermittlung des restlichen geforderten Erhöhungsbetrags mittels eines einfachen Rechenvorgangs zuzumuten.
Anmerkung
Eine unzureichend erläuterte und damit unwirksame Mieterhöhungserklärung in Bezug auf
eine Modernisierungsmaßnahme hat also keine Auswirkungen auf die Mieterhöhungserklärung betreffend der weiteren Modernisierungsmaßnahmen.
Bei komplexen Maßnahmen sollte sowohl in der Mieterhöhungserklärung wie auch schon bei
der Ankündigung der Modernisierung eine möglichst genaue Aufteilung der Beschreibung der einzelnen Maßnahmen inklusive der getrennten Angabe der Kosten und der daraus folgenden Mieterhöhung vorgenommen werden. Denn nur dann wird es dem Mieter zumutbar sein, zum Beispiel bei komplexen Baumaßnahmen selbst die Kosten zu berechnen, welche der Vermieter berechtigterweise verlangt und welche er als Mieter somit zu zahlen hat.