Bäume auf dem Nachbargrundstück
Kein Anspruch auf Beseitigung von Birken auf dem Nachbargrundstück bei Einhaltung des Grenzabstands


Baum Grundstück_lizenzfreiDer Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass ein Grundstückseigentümer von seinem Nachbarn regelmäßig nicht die Beseitigung von Bäumen wegen der von ihnen ausgehenden natürlichen Immissionen auf sein Grundstück verlangen kann, wenn die für die Anpflanzung bestehenden landesrechtlichen Abstandsregelungen eingehalten sind.

BGH, Urteil vom 20. September 2019, Az.: V ZR 218/18

Sachverhalt

Auf einem bebauten Grundstück in Baden-Württemberg stehen in einem Abstand von mindestens zwei Metern zur Nachbargrenze drei circa 18 Meter hohe, gesunde Birken. Das Nachbargrundstück ist ebenfalls mit einem Wohnhaus bebaut.

Wegen der von den Birken ausgehenden Immissionen (Pollenflug, Herausfallen der Samen und Früchte, Herabfallen der leeren Zapfen sowie der Blätter und Birkenreiser) verlangte der Eigentümer des Nachbargrundstücks die Entfernung der Birken. Hilfsweise begehrte er eine monatliche Zahlung von jeweils 230 Euro in den Monaten Juni bis November eines jeden Jahres.

Entscheidung

Nach der Entscheidung des BGH müssen die Birken nicht entfernt werden, da bei der Anpflanzung der geltende Grenzabstand zum Nachbargrundstück eingehalten wurde.

Ein Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Eigentümer Störer im Sinne dieser Vorschrift ist. Hierfür genügt nicht bereits das Eigentum an dem Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht. Vielmehr ist die Feststellung erforderlich, ob es jeweils Sachgründe gibt, dem Grundstückseigentümer die Verantwortung für das Geschehen aufzuerlegen. Wenn es um durch Naturereignisse ausgelöste Störungen geht, ist entscheidend, ob sich die Nutzung des Grundstücks, von dem die Beeinträchtigungen ausgehen, im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält. So hat der BGH die Störereigenschaft beispielsweise verneint bei Umstürzen nicht erkennbar kranker Bäume infolge von Naturgewalten.

In aller Regel ist von einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung auszugehen, wenn die für die Anpflanzung bestehenden landesrechtlichen Abstandsregelungen eingehalten sind. Kommt es trotz Einhaltung der Abstandsgrenzen zu natürlichen Immissionen auf dem Nachbargrundstück, ist der Eigentümer des Grundstücks hierfür nach der von dem Gesetzgeber vorgenommenen Wertung regelmäßig nicht verantwortlich.

Aus Art. 124 EGBGB folgt nichts anderes. Richtig ist zwar, dass der Landesgesetzgeber nicht dem Nachbarn Rechte nehmen kann, die sich aus § 1004 Abs. 1 BGB ergeben. Darum geht es hier jedoch nicht. Vielmehr stellt sich die (Vor-)Frage, ob ein Grundstückseigentümer für natürliche Immissionen überhaupt verantwortlich ist. Scheidet dies aus, gibt es den von dem Berufungsgericht beschriebenen Konflikt zwischen den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs und den landesrechtlichen Vorschriften nicht. Zudem sprechen §§ 907, 910 BGB und die Gesetzesmaterialien zu diesen Vorschriften dafür, dass der Grundstückseigentümer für solche natürlichen Einwirkungen auf das Nachbargrundstück, die von § 910 BGB (Überhang) nicht erfasst werden, regelmäßig nicht verantwortlich sein soll, wenn die Anpflanzungen mit dem Landesnachbarrecht in Einklang stehen.

Ein Beseitigungsanspruch lässt sich auch nicht aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis herleiten, da die Beeinträchtigungen zwar erheblich, aber nicht derart schwer sind, dass der Nachbar sie trotz der in der landesrechtlichen Abstandsregelung zum Ausdruck gekommenen Wertung nicht mehr hinzunehmen hätte.

Laut BGH steht dem Nachbarn auch kein Anspruch auf Entschädigung zu. Da der Eigentümer für die von den Birken ausgehenden Beeinträchtigungen nicht verantwortlich ist, kommt ein Ausgleichsanspruch nicht in Betracht.


Foto: erge / Pixabay

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RAin Linda Szutta


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