Mieterhöhung
Begründung eines Mieterhöhungsverlangens durch Vergleichswohnungen mit Kostenmiete
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 18. Dezember 2019 entscheiden, dass ein Mieterhöhungsverlangen, das zur Begründung auf die Miete vergleichbarer Wohnungen Bezug nimmt, nicht allein deshalb formell unwirksam ist, weil es sich bei den Vergleichswohnungen um öffentlich geförderten, preisgebundenen Wohnraum handelt.
BGH, Urteil vom 18. Dezember 2019, Az.: VIII ZR 236/18
Die Vermieterin einer öffentlich geförderten Wohnung verlangt von der dort seit 2009 lebenden Mieterin die Zustimmung zur Mieterhöhung. Die Wohnung unterliegt der Preisbindung.
Mit Schreiben vom 10. Februar 2016 forderte die Vermieterin die Mieterin auf, einer Erhöhung der Nettokaltmiete ab dem 1. Mai 2016 von 342,94 Euro um 18,81 Euro auf insgesamt monatlich 361,75 Euro, was einer Miete von 5 Euro/Quadratmeter entspricht, zuzustimmen. Das Schreiben nimmt zur Begründung des Erhöhungsverlangens Bezug auf fünf Vergleichswohnungen mit Mietpreisen zwischen 5,08 Euro/Quadratmeter und 5,16 Euro/Quadratmeter, bei denen es sich ebenfalls um öffentlich geförderten, preisgebundenen Wohnraum handelt. Die Mieterin verweigert die Zustimmung, weil sich das Mieterhöhungsverlangen nur auf preisgebunden und nicht preisfreien Wohnraum als Vergleichsmaßstab bezieht.
Entscheidung
Das Mieterhöhungsverlangen ist laut BGH nicht bereits deshalb formell unwirksam, weil die Vergleichswohnungen preisgebunden sind. Nach §§ 558 a Abs. 1, Abs 2 Nr. 4 BGB kann der Vermieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete seit 15 Monaten unverändert geblieben ist. Das Erhöhungsverlangen ist in Textform zu erklären und zu begründen, wobei zur Begründung auch auf entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen Bezug genommen werden kann; hierbei genügt die Benennung von drei Wohnungen.
Die Begründung des Erhöhungsverlangens soll dem Mieter die Möglichkeit geben, dessen sachliche Berechtigung zu überprüfen, um überflüssige Prozesse zu vermeiden. Hierfür ist es erforderlich, dass die Begründung dem Mieter konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens gibt, um während der Überlegungsfrist die Berechtigung der Mieterhöhung überprüfen und sich darüber schlüssig werden zu können, ob er dem Erhöhungsverlangen zustimmt oder nicht.
Dabei dürfen an das Begründungserfordernis im Hinblick auf das Grundrecht des Vermieters aus Art. 14 Abs. 1 GG keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Allerdings muss das Erhöhungsverlangen - in formeller Hinsicht - Angaben über Tatsachen enthalten, aus denen der Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleitet, und zwar in dem Umfang, wie der Mieter solche Angaben benötigt, um der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachgehen und diese zumindest ansatzweise überprüfen zu können.
Die vorgenannten Anforderungen an das Mieterhöhungsverlangen würden laut BGH überspannt, wenn ein Vermieter als Vergleichswohnungen stets nur preisfreien Wohnraum heranziehen könne. Bereits der Wortlaut der betroffenen Vorschrift sieht eine solche Einschränkung nicht vor. Sie ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck des Begründungserfordernisses.
Vergleichswohnungen dienen nicht als Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete
Der BGH entscheidet sich in seinem Urteil gegen die bislang vertretene Auffassung, dass die Benennung von Wohnungen aus dem preisgebundenen Wohnungsmarkt generell nicht zur Begründung eines Erhöhungsverlangens nach §§ 558 a Abs.1, Abs. 2 Nr. 4 BGB geeignet sei, weil eine Erhöhung gemäß §§ 558 Abs. 1 Satz 1 BGB nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete möglich sei, an deren Bildung preisgebundene Wohnungen nicht teilnähmen.
Denn laut BGH verkennt diese Ansicht, dass die Angabe von Vergleichswohnungen im Mieterhöhungsverlangen nicht dazu dient, bereits den Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete zu führen. Sie soll vielmehr den Mieter lediglich in die Lage versetzen, das Erhöhungsverlangen zumindest ansatzweise nachzuvollziehen und gegebenenfalls mittels weiterer Nachforschungen die Vergleichbarkeit der Wohnungen zu überprüfen
Dem Mieter ist es hiernach nicht nur zumutbar, aufgrund der im Erhöhungsverlangen mitgeteilten Tatsachen weitere Informationen einzuholen; das Erhöhungsverlangen dient vielmehr gerade dazu, ihn hierzu zu befähigen. Denn anhand der Benennung der Wohnungen wird der Mieter nicht nur in die Lage versetzt, weitere Nachforschungen über die Wohnmerkmale der Vergleichswohnungen, sondern auch über die gezahlte Miete anzustellen. So besteht die Möglichkeit, zu ermitteln, ob es sich bei der Miete um eine Nettokaltmiete, eine Pauschalmiete, eine Teilpauschalmiete oder um eine preisgebundene Miete (so hier) handelt und wie die Mietbindung im Einzelfall ausgestaltet ist.
Die hierzu erforderlichen Informationen wurden der Mieterin im Schreiben vom 10. Februar 2016 gegeben. Sie wurde hierdurch in die Lage versetzt, sich ein Bild davon zu machen, wie sich das gegenwärtige Mietniveau für vergleichbare Wohnungen nach den Ausführungen der Vermieterin darstellt, und konnte diese Angaben - im Bedarfsfall durch Nachfrage bei der Vermieterin zur Preisbindung der Vergleichswohnungen - überprüfen. Sie konnte Erwägungen dazu anstellen, inwieweit die Miete derjenigen, die sie für die eigene Wohnung entrichtet, entweder gleicht oder ob diesbezüglich Unterschiede bestehen, die einer Zustimmung zur Mieterhöhung entgegenstehen.
Damit hat der BGH entscheiden, dass allein der Umstand, dass der Mieter anhand des Erhöhungsverlangens die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete nicht abschließend mittels der Vergleichswohnungen überprüfen kann, der formellen Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens nicht entgegensteht. Zum einen dient die Begründung des Erhöhungsverlangens, wie aufgezeigt, nicht dem Nachweis der ortsüblichen Vergleichsmiete. Zum anderen resultieren die Schwierigkeiten nicht in erster Linie aus der Benennung preisgebundener Wohnungen, sondern ergeben sich daraus, dass der Angabe von entsprechenden Entgelten lediglich dreier vergleichbarer Wohnungen mangels valider Datengrundlage ohnehin ein begrenzter Erkenntniswert bezüglich der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete zukommt.