Mietspiegel Mietspiegel der Nachbargemeinde: Städte müssen vergleichbar sein
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 21. August 2019 entschieden, dass ein Vermieter zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens nicht ohne Weiteres auf den Mietspiegel der erheblich größeren Nachbargemeinde Bezug nehmen darf.
BGH, Urteil vom 21. August 2019, Az.: VIII ZR 255/18
Sachverhalt
In der Stadt Stein, die mit ihren 15.000 Einwohnern unmittelbar an Nürnberg grenzt, hatte der Vermieter seit 2004 ein großes Anwesen an seinen Mieter zu einer Nettomiete von 3.000 Euro vermietet.
Ende Oktober 2013 verlangte der Vermieter von dem Mieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung der Nettokaltmiete auf 3.450 Euro ab Januar 2014. Da für Stein keine eigene Vergleichsgrundlage vorlag, nahm der Vermieter zur Begründung auf den Mietspiegel der Nachbarstadt Fürth Bezug. Der Mieter verweigerte die Zustimmung zur Mieterhöhung.
Der Vermieter klagte auf Zustimmung zur Mieterhöhung. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Entscheidung
Der BGH hat bestätigt, dass der Vermieter sein Mieterhöhungsverlangen nicht formell ordnungsgemäß nach § 558a BGB begründet hatte. Der Mietspiegel einer anderen Gemeinde ist gemäß § 558a Abs. 4 Satz 2 BGB nur dann ein taugliches Mittel zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens, wenn es sich um den Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde handelt. Die Bezugnahme auf den Mietspiegel der Nachbarstadt Fürth war zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens für die streitgegenständliche Wohnung in der Stadt Stein, für die kein Mietspiegel erstellt worden war, nicht ausreichend.
Ob die Gemeinden vergleichbar sind, ist unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Hier sei das Landgericht zurecht zu dem Schluss gekommen, dass beide Gemeinden deutliche Unterschiede aufweisen. Die Städte Stein und Fürth sind demnach keine vergleichbaren Gemeinden im Sinne von § 558a Abs. 4 Satz 2 BGB. Fürth sei mit 125.000 Einwohnern um ein Vielfaches größer als Stein mit lediglich 15.000 Einwohnern. Hinzu komme die unterschiedliche Bevölkerungsdichte der beiden Städte.
An diesem Ergebnis ändere sich auch nichts dadurch, dass beide Gemeinden – Fürth und Stein – an der Stadtgrenze zu Nürnberg lägen und Nürnberg von beiden Städten aus gleich gut zu erreichen sei. Zwar sei auch die örtliche Nähe zur Großstadt Nürnberg ein Merkmal, das im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen sei. Allerdings komme diesem Kriterium letztlich nicht ein solcher Rang zu, dass die Vergleichbarkeit zu bejahen sei.
Fürth betreibe als Oberzentrum auch zentrale Einrichtung der Grundversorgung. Dagegen sei Stein kein zentraler Ort „mit überörtlich relevanten Einrichtungen“ wie Theater, Kino oder Krankenhaus, so die Bundesrichter. Zudem befinden sich im Stadtgebiet von Stein im Gegensatz zu Fürth weder eine U-Bahn- noch eine S-Bahn-Haltestelle, was für die Erreichbarkeit der infrastrukturellen Angebote sowohl innerhalb der Stadt als auch in der Gesamtregion für die Einwohner von Bedeutung ist.