Sommerfachreise mit der rheinland-pfälzischen Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen
Allerorten ein herzliches Willkommen und großes Engagement
Auf der mittlerweile vierten Sommerfachreise zum Thema „Demografie und Wohnen“ mit der rheinland-pfälzischen Bauministerin Doris Ahnen gab es bei allen Projektstationen offene Türen und ein herzliches Willkommen. An zwei Tagen, am 4. und 5. Juli 2019, machte sich die Ministerin ein Bild von unterschiedlichen Wohnungsbauaktivitäten quer durch Rheinland-Pfalz. Die Veranstalter, der VdW Rheinland Westfalen, vertreten durch Vorstand Alexander Rychter, und der VdW südwest, vertreten durch Vorstand Dr. Axel Tausendpfund, mit der Arbeitsgemeinschaft rheinland-pfälzischer Wohnungsunternehmen und ihrem Vorsitzenden Thomas Will als auch die Architektenkammer Rheinland-Pfalz, vertreten durch ihren Präsidenten Gerold Reker, zeigten an verschiedenen Projektstationen, wie bezahlbares, alters- und generationengerechtes sowie gemeinschaftliches Wohnen gesichert werden kann. Auch genossenschaftlich organisiertes Wohnen in Gemeinschaft war ein wichtiges Thema auf der Reise.
Bei strahlendem Wetter besuchte die Reisegruppe insgesamt sieben Stationen. Am ersten Tag führte die Route von Koblenz nach Neuwied, dann über Greimersburg und Gillenfeld nach Trier.
Wohnungsbauoffensive Stadt Koblenz
In Koblenz bot der Treffpunkt „Am Fort Konstantin“ zunächst einen wunderbaren Aus- und Weitblick über die Stadt und die Mosel. An dieser Stelle begrüßte Oberbürgermeister David Langer herzlichst und stellte die Planungen und Initiativen der Stadt zur Mobilisierung von Flächen für den Wohnungsbau vor. Koblenz als Oberzentrum zeigt erhebliche Wohnraumengpässe, die einen sehr angespannten Wohnungsmarkt kennzeichnen. Innenentwicklungspotenziale werden jedoch erkannt. Ein ziviles Konversionsprojekt ist die Umwandlung des ehemaligen Nutzviehhofgeländes in eine Wohnbaufläche. Sie liegt im Stadtumbaugebiet Rauentaler Moselbogen. Als Projektträger konnte die Stadt ihre Wohnungsbaugesellschaft, die Koblenzer Wohnbau GmbH, gewinnen. Geschäftsführer Michael Siegel kündigte an, dass die Koblenzer Wohnbau auf dem Gelände 100 Wohneinheiten, davon 36 geförderte Wohnungen, errichten wird, womit die von der Stadt angesetzten 20 Prozent sozialer Wohnungsbau überschritten werden.
Neuwied – Zusammen im Quartier leben
Auch in Neuwied hatte sich Oberbürgermeister Jan Einig auf den Weg gemacht, die Reisegruppe vor Ort zu begrüßen. Auf einem Rundgang durch das Quartier Zeppelinhof erläuterte Carsten Boberg, Geschäftsführer der GSG Neuwied, das Konzept der städtisch geprägten „Höfekultur“. Die Häuser gruppieren sich um drei zentral angelegte grüne Höfe, die als Treffpunkt und Kommunikationsort dienen. In einem Hof werden zeitnah Mietergärten entstehen.
Jedes der sieben Stadthäuser bietet Platz für 15 barrierefreie Wohnungen. Das fertige Quartier wird insgesamt 105 Wohnungen haben und eine wichtige Säule in der strategischen Weiterentwicklung des Wohnraumangebotes der Stadt Neuwied darstellen. Partner im Projekt ist der Verein „Gemeinschaftliches Wohnen e.V.“, der als Kooperationspartner der GSG ein ganzes Haus mit 14 Wohnungen und einer Begegnungswohnung nutzt.
Greimersburg - Genossenschaftliches Wohnen, Gründung einer Pflege-WG für Ortsansässige
Greimersburg, gelegen in der Osteifel im Landkreis Cochem-Zell, zählt ungefähr 680 Einwohner. Hier haben sich ein engagierter Landrat und Bürgermeister mit ebenso engagierten Bürgern auf den Weg gemacht, eine Bürgergenossenschaft zu gründen, um den Bau einer Senioren Wohn-Pflege-Gemeinschaft für Ortsansässige zu stemmen. Wesentliche Planungen sind inzwischen abgeschlossen: ein Planentwurf ist erstellt, Bank- und Behördengespräche sind und werden geführt, ein Grundstück in zentraler Lage ist gefunden und ambulante Dienste haben ihr Interesse am Projekt bekundet. Dennoch, der Gründungsprozess scheint derzeit zu stocken; es mangelt noch an einer gesicherten Finanzierung für den Bau. Entsprechend drehte sich das Gespräch vor Ort vor allem um die Gestaltungsmöglichkeiten einer Finanzierung.
Gillenfeld – Barrierefreie Wohnanlage Florinshof
Gillenfeld ist eine Ortsgemeinde mit rund 1450 Einwohnern im Landkreis Vulkaneifel in Rheinland-Pfalz. Hier wurde die Reisegruppe vom freudig strahlenden Bürgermeister Karl-Heinz Schlifter empfangen. Die Genossenschaft am Pulvermaar – eine sorgende Gemeinschaft eG steht kurz vor dem Ziel. Das schon weit gediehene Bauprojekt umfasst zwei Gebäude mit insgesamt 12 Wohnungen, einer Wohngruppe für drei Personen und einem Büro für den Caritasverband Westeifel. Weiterhin ist ein Gemeinschaftsraum für Veranstaltungen der Caritas und private Feiern integriert. Das Bauprojekt liegt mitten im Ortskern. Die notwendige Grundversorgung ist fußläufig problemlos erreichbar. Das Projekt wurde mit Mitteln aus dem Landesprogramm „Wohnen in Stadt- und Ortskernen“ gefördert. Der Projektentwurf entstand durch den Architektenwettbewerb der Initiative „Mehr Mitte bitte! – Ein Wettbewerb für Wohnen und Leben in ländlichen Ortskernen“.
Überrascht wurden die Teilnehmer von einer Kindergruppe, die unter Anleitung ihrer engagierten Kindergärtnerin Motivbilder gemalt hatten und anlässlich des Besuchs der Ministerin den Gemeinschaftsraum damit ausschmückten.
Trier – Dinnerspeech mit Oberbürgermeister Wolfram Leibe
Am Abend traf die Gruppe in Trier auf Oberbürgermeister Wolfram Leibe. Beim gemeinsamen Abendessen, zu dem unter anderem auch Aloysius Söhngen, Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebunds Rheinland-Pfalz gekommen war, informierte Leibe über die wohnungspolitischen Aktivitäten der Stadt. Trier wächst stark, auch durch seine Lage zu Luxemburg. Die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum hat daher höchste Priorität. Diese herausfordernde Aufgabe geht Trier unter anderem mit der Gründung einer kommunalen Wohnungsgesellschaft an.
Trier – Kloster Bethanien
Am Morgen des zweiten Tages besuchte die Reisegruppe das seit 1922 bestehende Kloster Bethanien. Mit Architekt Max Dudler und einem lokalen Architektenbüro plant die gbt – Wohnungsbau und Treuhand AG den Umbau und die Erweiterung des Kloster- und Ökonomiegebäudes. Ein erster Neubau-Abschnitt wird zwei Pflegegruppen für betreutes Wohnen, eine Tagespflege sowie die Ordensgemeinschaft künftig beherbergen. Im bestehenden Klostergebäude werden in einem zweiten Abschnitt durch Umbau und Ergänzung 40 neue öffentlich geförderte Wohnungen entstehen. Max Dudler ließ es sich nicht nehmen, vor Ort die Planung eingehend zu erläutern. Dr. Stefan Ahrling, Vorstand der gbt, lobte die gute Förderung des Landes, die es erleichtere, geförderten Wohnungsbau in Trier umzusetzen. Ein anschließender Rundgang durch das im Hang gelegene Klostergelände machte sichtbar, wie sensibel der städtebauliche Entwurf sich in die Landschaft einfügen wird. Bürgermeisterin Elvira Garbes und Beigeordneter Andreas Ludwig, Baudezernent der Stadt Trier, begleiteten den Vor-Ort-Besuch.
Neustadt an der Weinstraße – Grüner Wohnen in Branchweiler
Nach dem ersten Besuch der Wohnsiedlung im Stadtteil Branchweiler im Rahmen der Sommerfachreise 2013 konnte die Reisegruppe - nach Abschluss der damaligen umfangreichen Sanierungsmaßnahmen - die Neugestaltung des Wohnumfeldes besichtigen. Die ehemaligen Mietergärten des in den 1960er Jahren errichteten Wohnquartiers waren mittlerweile vernachlässigt und bedurften einer Umgestaltung für eine heutige bewohnerorientierte Nutzung. Grünflächen für die Bewohner wurden als Schwerpunkt mittels einer Mieterbefragung identifiziert. Ein verbindender Begegnungsraum für das gesamte Wohnquartier war Ziel der Neugestaltung. Sie ist gelungen und konnte pünktlich zum 100-jährigen Jubiläum der WBG Wohnungsbaugesellschaft mbH Neustadt an der Weinstraße den Bewohnern zur Nutzung übergeben werden. Zusätzlich geförderter Wohnraum wird durch Nachverdichtung im kommenden Jahr entstehen. Neben einem fachlichen Austausch unter den Teilnehmern überraschten auch hier Kinder aus dem Quartier die Ministerin mit einem gemeinsamen Spiel draußen.
Ihren Abschluss fand die Bereisung in Speyer bei einem Projekt des städtischen Wohnungsunternehmens GEWO Wohnen GmbH Speyer. Durch den Bau von drei Punkthäusern wurde altersgerechter Wohnraum durch Nachverdichtung in einem gemischten Quartier geschaffen. Älteren Bewohnern wurde so die Möglichkeit gegeben, im Quartier in neue kleinere Wohnungen umzuziehen. In unmittelbarer Nachbarschaft bietet das Begegnungs- und Beratungszentrum „Quartiersmensa plus St. Hedwig“ unter anderem Dienstleistungen des ambulanten Pflegedienstes an, ohne Zahlung einer Betreuungspauschale. Zahlreiche weitere Angebote für Jung und Alt beleben und stärken die Gemeinschaft im Quartier. Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler dankte der kommunalen wie der genossenschaftlich organisierten Wohnungswirtschaft in Speyer als verlässliche Partner der Kommune bei der Schaffung von bezahlbarem und gemeinschaftlichem Wohnraum in der Stadt, der auch hier in einem angespannten Wohnungsteilmarkt dringend benötigt wird.
Ausblick
Die Reise habe sich gelohnt, so das Fazit aller Teilnehmer. Der Besuch der verschiedenen Wohnprojekte machte wiederum deutlich, wie unterschiedlich die regionalen und lokalen Wohnungsteilmärkte und deren Herausforderungen in Rheinland-Pfalz seien und wie passgenau jeweils spezifische Antworten darauf gefunden werden müssten. Zur Freude über das Engagement der Wohnungsunternehmen, von Bürgermeistern und Bewohnern, gesellten sich auch einige Fragestellungen, denen weiter nachgegangen werden sollte, so Ahnen. Konkret stünden Themen an, wie beispielsweise Stellplatzanforderungen im Zusammenhang mit Mobilitätskonzepten, der Ankauf von Belegungsrechten in Kommunen mit niedrigeren Mietenstufen, die Organisation von Wohnflächenpools für gemeinschaftliches Wohnen, das Gelingen von Genossenschaftsgründungen auf dem Land und die Sicherung städtebaulicher Qualitäten. Diese Themen werden das Finanz- und Bauministerium und die Wohnungswirtschaft auch nach der Reise noch beschäftigen.