Am 1. März fand in Berlin der von einem breiten Verbändebündnis unter Beteiligung des GdW veranstaltete Wohnungsbau-Tag 2018 statt. Dabei stand der Wohnungsmangel im Vordergrund: Die im Koalitionsvertrag geplante „Wohnraum-Offensive“ von 1,5 Millionen Neubauwohnungen bis 2021 drohe im ersten Jahr ihr Ziel zu verfehlen. So wird es aus Sicht des Verbändebündnisses in diesem Jahr nicht gelingen, die jährliche Marke von 375.000 neu gebauten Wohnungen zu erreichen. Grund dafür seien Rückgänge bei den Baugenehmigungen im vergangenen Jahr. Diese seien gegenüber dem Vorjahr um nahezu zehn Prozent auf 340.000 gesunken.
An der hochkarätig besetzten Veranstaltung nahmen neben der geschäftsführenden Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) unter anderem auch die Ministerpräsidenten aus Schleswig-Holstein und Thüringen sowie der Regierende Bürgermeister von Berlin teil. Die Verbandsvertreter machten gegenüber der Politik deutlich, dass im herrschenden Wohnungsmangel „sozialer Sprengstoff“ stecke. Insgesamt fehlen nach Angaben des Verbändebündnisses Wohnungsbau bundesweit mittlerweile rund eine Million Wohnungen. Es gebe eine enorme Kluft zwischen den Wohnungen, die Deutschland brauche (400.000 Neubauwohnungen pro Jahr), und denen, die tatsächlich gebaut worden seien. Ein ganzes Jahrzehnt sei beim Wohnungsbau verloren gegangen. Auch wenn der Wohnungsbau im letzten Jahr mit geschätzten 300.000 Neubauwohnungen endlich wieder zugelegt habe, sei das noch längst kein Grund zur Entwarnung. Im Gegenteil: Bundesweit habe es im vergangenen Jahr keinen Abbau des Wohnraumdefizits gegeben – wohl aber eine Netto-Zuwanderung von mindestens 450.000 Menschen.
Auf dem Branchen-Gipfel stellten das Pestel-Institut (Hannover) und die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE Kiel) als Bauforschungseinrichtung dazu die Studie „Das Baujahr 2018 im Fakten-Check“ vor. Sie untersucht die Rahmenbedingungen zum Wohnungsbau – vom Wohnungs- bis zum Baulandmangel, von den Baukostentreibern bis zum Stadt-Land-Wohnen. Die Wissenschaftler mahnen in ihrer Studie einen enormen Mangel an Sozialwohnungen an: So hätten in Großstädten zwischen gut einem Drittel und der Hälfte aller privaten Haushalte durch ihr Einkommen grundsätzlich Anspruch auf eine Sozialwohnung – jedenfalls auf dem Papier. Tatsächlich seien bundesweit allerdings nur sechs Prozent aller Mietwohnungen Sozialwohnungen. Angesichts dieser Schieflage fordert das Verbändebündnis Wohnungsbau, dass jede fünfte Wohnung, die neu zu errichten ist, eine Sozialmietwohnung sein müsse. Zudem dürfe der Bund seine Mitverantwortung für den sozialen Wohnungsbau nicht verlieren. Um zu verhindern, dass der soziale Wohnungsbau bereits ab 2019 alleinige Sache der Länder werde, müsse das Grundgesetz dringend geändert werden.
Der Mangel an Bauland ist, so die Studie, ein wesentliches Hemmnis für den Wohnungsbau. Die Baulandpreise ließen bezahlbaren Wohnungsbau in den Ballungsräumen bereits heute nicht mehr zu. Städte und Gemeinden wandelten zu wenig Land in Bauland um. Nur durch zusätzliches Bauland könne es allerdings gelingen, spekulative Preisübertreibungen zu bremsen. Die Studie zeigt auf, dass sich die Baulandpreise seit 1995 um rund 170 Prozent erhöht haben. In Großstädten machten die Grundstückskosten bei einem Wohnungsneubau im Schnitt bereits knapp 20 Prozent der gesamten Investitionskosten aus. Ein Ende dieser Entwicklung sei gegenwärtig nicht in Sicht. Das Verbändebündnis Wohnungsbau fordert deshalb Bund, Länder und Kommunen auf, Bauland für das bezahlbare Wohnen verbilligt bereitzustellen – und das möglichst rasch.
Ohnehin müssten alle drei Ebenen – Bund, Länder und Kommunen – beim Wohnungsbau wesentlich effektiver an einem Strang ziehen. Das betreffe auch den Kostenaspekt beim Bauen. So warnte das Bündnis vor kostentreibenden Verschärfungen von Gesetzen und Normen. Baustandards müssten regelmäßig auf ihre Kosten-Nutzen-Wirkung überprüft werden. Ein Preistreiber, den die Studie nennt: das „Energiespar-Diktat“. Durch die verschärften energetischen Anforderungen seien insbesondere die Kosten beim technischen Ausbau von Wohnhäusern seit dem Jahr 2000 um zusätzlich rund 16 Prozentpunkte gestiegen. Bereits heute seien die Kosten, die auf die Energieeinsparverordnung (EnEV) zurückzuführen seien, beim Neubau enorm hoch. Über einen Zeitraum von 20 Jahren überschritten sie – bei heutigen Energiepreisen – die tatsächlich eingesparten Energiekosten um 170 Prozent. Im Verbändebündnis Wohnungsbau haben sich sieben Organisationen und Verbände der Bau- und Immobilienbranche zusammengeschlossen – der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), der Deutsche Mieterbund (DMB), die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB), der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) und die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM).
Bildquelle: Udo Koranzki
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